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Vereinfachen Sie Ihre 3D Modelle - Collaborative Engineering basierend auf leichtgewichtigen CAD-Daten
22. Nov. 2018
#ASFALIS#CADdoctor#Collaborative Engineering#prostep ivip#Schutz geistigen Eigentums#Simplifikation
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Vereinfachen Sie Ihre 3D Modelle - Collaborative Engineering basierend auf leichtgewichtigen CAD-Daten
22. Nov. 2018
#ASFALIS#CADdoctor#Collaborative Engineering#prostep ivip#Schutz geistigen Eigentums#Simplifikation
Dieser Artikel wurde im prostep ivip ProductData Journal Ausgabe 2018 #2 veröffentlicht
– Verfasst von Dr. Alexander Christ, Elysium Europe S.A.R.L. & Ms. Inka Horlbeck, CAMTEX GmbH
Im Collaborative Engineering wird die Verarbeitung von komplexen 3D-CAD-Modellen mit hohem Detailierungsgrad immer mehr zur Herausforderung. Insbesondere der Austausch von 3D-CAD-Modellen zwischen OEMs und Zulieferern sowie der Einsatz in nachgelagerten Prozessen erfordern die Reduzierung von Dateigrößen für eine optimale Performance und den Know-how-Schutz unter Beibehalt der ursprünglichen Konstruktionsabsicht. In diesem Kontext bietet die Simplifikation von 3D-Geometrien eine leistungsfähige Lösung für Unternehmen durch Technologien zur Erstellung von Außenhüllen, Entfernung von technischen Details sowie die Extrahierung von inneren/äußeren Flächen. Leichtgewichtige CAD-Modelle ermöglichen die effiziente Weitergabe und Kommunikation sachbezogener 3D-Produktinformationen, da die Speicherung redundanter und vertraulicher Daten vermieden wird. Dies ist eine wichtige Grundlage für ein erfolgreiches Collaborative Engineering in global verteilten Entwicklungsnetzwerken.
Die zunehmende Digitalisierung und die resultierenden Wertschöpfungsnetzwerke haben einen großen Einfluss auf das Collaborative Engineering. Unternehmen werden mit großen Datenmengen konfrontiert, die sicher abgelegt, effizient zwischen Partnern, Kunden, Zulieferern etc. ausgetauscht und in diversen Systemen in definierten Geschäfts- und Engineering-Prozessen verarbeitet werden müssen. 3D-Daten kommt eine hohe Bedeutung als zentrales Kommunikationsmedium im gesamten Produktlebenszyklus zu – von der konzeptionellen Entwicklung über CAE-Analysen bis hin zur Produktion und Aftersales – und erfordern daher den Schutz geistigen Eigentums. Der Wert von 3D-Produktinformationen wird durch Ansätze wie Model-Based Enterprise und Model-Based Systems Engineering [5] noch weiter gesteigert. Vereinfachte 3D-Modelle sind der Schlüssel für eine erfolgreiche Digitalisierung in heterogenen Systemlandschaften und die effiziente Weiterverwendung von CAD-Daten in nachgelagerten Prozessen, da nur die tatsächlich erforderlichen Informationen verarbeitet werden. Das Verhältnis zwischen Anwendern, die 3D-CAD-Daten erzeugen, und Anwendern, die 3D-CAD-Daten konsumieren, beträgt ca. eins zu zehn. Zudem hängt die Verarbeitung von 3D-Daten und die benötigte Art von Informationen stark vom jeweiligen Prozess ab. Die meisten der Entwicklung nachgelagerten Prozesse erfordern lediglich eine reduzierte Informationsmenge vom ursprünglichen CAD-Modell. Dies ermöglicht potentielle Kosteneinsparungen und schnellere Bearbeitungszeiten [2]. Leichtgewichtige Formate wie der ISO-Standard JT [4] haben zu dieser Entwicklung einen wichtigen Teil beigetragen und geholfen weitere Anwendungsgebiete außerhalb des Engineerings zu erschließen. Die rasante Weiterentwicklung von Hardware trägt ebenfalls zur performanten Datenverarbeitung bei, aber der stetige Zuwachs an 3D-Modellen schreitet noch schneller voran. Eine hohe Anzahl an 3D-Modellen, native CAD-Modelle sowie Derivate, wird täglich erzeugt und der in den 3D-Modellen enthaltene Gehalt an Informationen steigt zunehmend an. Diese Informationen enthalten neben 3D-Geometrien und PMI auch eine Vielzahl an Metadaten. Im Kontext von Industrie 4.0 müssen immer mehr Objekte in 3D repräsentiert werden, je ein digitales 3D-Modell für jedes physisch existente Bauteil oder Produkt [3]. Die CAD-Modelle kompletter Produkte sind in der Regel komplex und weisen große Dateigrößen auf. Das vollständige 3D-Modell eines Mittelklassewagens erreicht leicht 10 GB. Die Weitergabe großer CAD-Modelle mit hohem Detailierungsgrad in Collaborative Engineering-Szenarien, z.B. zwischen OEM und Lieferant, führt oftmals zu Problemen mit der Performance und zu langen Ladezeiten in CAD-Systemen, CAE-Werkzeugen und anderen Systemen in nachgelagerten Prozessen. Im schlimmsten Fall können die 3D-Modelle nicht einmal geöffnet werden. Die Übertragung dieser komplexen Modelle in eine andere Systemlandschaft oder CAD-Format kann zudem zu Problemen hinsichtlich der Produktdatenqualität führen. Des Weiteren besteht ein kontinuierlicher Bedarf, Konstruktionsabsicht und geistiges Eigentum zu schützen, wenn 3D-Modelle über Unternehmensgrenzen hinweg geteilt werden.
Heutzutage steht eine Vielzahl an Werkzeugen zur Simplifikation von 3D-Modellen in den nativen CAD-Systemen und kommerziellen Softwarelösungen für 3D-Interoperabilität zur Verfügung. Abhängig vom Umfang und der Zielsetzung der Simplifikation werden unterschiedliche Methoden und Prozesse angewendet. Im Wesentlichen wird zwischen vier Methoden zur Simplifikation differenziert. Ingenieure können zwischen einzelnen und der Kombination aus mehreren Methoden auswählen, um ihre Anforderungen bestmöglich zu erfüllen.
Approximation ist eine einfache und effiziente Methode zur Simplifikation von Geometrie. Die äußere Oberfläche eines 3D-Modells wird tesselliert, in der Regel über eine Triangulation. Die resultierende äußere Form des 3D-Modells kann, abhängig von Anzahl und Größe der verwendeten Dreiecke, stark verfremdet sein oder sich sehr nahe an der Originalgeometrie orientieren. Tessellierte Modelle werden oftmals in Fertigungsprozessen eingesetzt, z.B. in der additiven Fertigung. Neben der Simplifikation als Polygon kann die Approximation auch auf B-Spline-Kurven und Flächen angewendet werden, um die Anzahl der Kontrollpunkte zu reduzieren, Flächen zusammenzufügen oder winzige Kanten und Flächen zu entfernen.
Eine leistungsfähigere Methode zur Geometrievereinfachung ist die Entfernung technischer Details und Features, wie Löcher, Verrundungen, Nuten etc. Die Entfernung von Features ist ideal für die Optimierung von 3D-Modellen zur Erzeugung qualitativ hochwertiger Netze für CAE-Analysen, die zu einer besseren Performance und höherer Genauigkeit führen (siehe Bild 1). Idealerweise erfolgt die Feature-Erkennung anhand der Geometrie und nicht über die Modellierungshistorie, so dass alle Arten von CAD-Daten vereinfacht werden können. Diese Feature-Erkennung ist der umfangreichere Ansatz, weil identische Formen unabhängig von den tatsächlich verwendeten Features erkannt werden können. Des Weiteren kann das Fehlerrisiko reduziert werden, z.B. resultierend aus der Unterdrückung von Verrundungen für komplexe 3D-Modelle.
Bild 1: Entfernung von Features zur Vorbereitung von CAE-Modellen (Entfernung von Löchern und Verrundungen)
Anstatt bestimmte Features vollständig aus dem 3D-Modell zu entfernen, können diese auch durch Objekte mit primitiven Formen, wie Würfel, Zylinder oder extrudierte Formen, ersetzt werden. Die Substitution wird häufig in der Verarbeitung großer 3D-Modelle im Anlagenbau oder für Digital Mock-Ups eingesetzt. Der Austausch von Einzelteilen mit niedrigem Detaillierungsgrad, z.B. werden Schrauben durch Zylinder ersetzt, führt zu signifikant kleineren Dateigrößen und erlaubt eine leistungsfähige Visualisierung.
Die Erstellung von Außenhüllen (engl. Enveloping) ist eine Technologie zur Zusammenführung komplexer Produkte und großer Baugruppen in ein Volumenmodell mit nur einem Körper. Spalte werden mit kleinen Volumen gefüllt und über Boolesche Operationen miteinander vereint. Die präzise Außenkontur des 3D-Modells bleibt erhalten, während die Dateigröße reduziert und das Konstruktions-Know-how geschützt wird. Alternativ kann die äußere Oberfläche des 3D-Modells extrahiert werden, wenn ein reines Flächenmodell ausreichend ist.
Simplifikation leistet einen wertvollen Beitrag für diverse Use Cases im Collaborative Engineering. Die Simplifikation von 3D-Modellen reduziert Durchlaufzeiten, ermöglicht einen verlässlichen Schutz geistigen Eigentums und verbessert die 3D-Interoperabilität in heterogenen Systemlandschaften. Drei Use Cases werden prinzipiell unterschieden.
Hauptziel der Dateigrößenreduzierung ist die Erstellung leichtgewichtiger 3D-Modelle kompletter Produkte oder großer Baugruppen. Die Entwicklung von Produkten durch verschiedene Partner mit unterschiedlichen CAD-Systemen und den Austausch von 3D-CAD-Daten basierend auf Neutralformaten führt oftmals zu großen Dateigrößen. Herausforderungen stellen die Speicherung redundanter Informationen innerhalb von CAD-Modellen, unnötige Informationen für bestimmte Ingenieursaufgaben sowie der Anstieg von Dateigrößen bei jedem Export und Austauschprozess zwischen Partnern dar. Die oben beschriebenen Methoden zur Simplifikation und hochentwickelte Komprimierungsalgorithmen ermöglichen die Erstellung vereinfachter 3D-Modelle mit reduzierten Dateigrößen (siehe Bild 2). Sie werden eingesetzt zur Visualisierung, für Digital Mock-Ups vollständiger Produkte und für Entwürfe im Vorrichtungsbau. Für sehr große Produkte und im Anlagenbau werden häufig auftretende Bauteile durch Objekte mit einfachen Formen substituiert. Die Simplifikation zur Dateigrößenreduzierung ist essenziell für Augmented und Virtual Reality, da Bauteilmodelle mit großen Dateigrößen auf bestimmten Geräten nicht angezeigt werden können oder zu Darstellungsproblemen führen.
Bild 2: Reduzierung der Dateigröße durch die Substitution von Geometrie anhand einfacher Formen
Der zuverlässige Schutz geistigen Eigentums spielt eine wichtige Rolle im Collaborative Engineering und nimmt im Zuge von Industrie 4.0 und dem Internet der Dinge weiterhin zu. Da immer mehr 3D-Daten aus dem Engineering zwischen OEMs und Zulieferern, innerhalb neu entstehender Wertschöpfungsnetzwerke und schlussendlich mit Kunden ausgetauscht werden, müssen Maßnahmen zum Schutz geistigen Eigentums in der frühen konzeptionellen Phase der Produktentwicklung ansetzen. Der Austausch von 3D-Modellen ist fest verankert im Collaborative Engineering, aber der Detaillierungsgrad muss geprüft und angepasst werden, wenn 3D-Modelle Unternehmensgrenzen überschreiten. Die Simplifikation von 3D-Modellen ist eine leistungsfähige Lösung, die sich langfristig in der Industrie bewährt hat. In den meisten der Entwicklung nachgelagerten Prozessen ist eine vereinfachte Repräsentation mit Referenzgeometrie ausreichend für Engineering-Anwendungen. Beim Austausch von Baugruppenmodellen werden, anstatt der vollständigen Löschung vertraulicher Bauteile, nur definierte technische Details von Einzelteilen entfernt und Außenhüllen zur Beseitigung innenliegender Geometrien genutzt (siehe Bild 3). Dadurch können vertrauliche Informationen präzise entfernt und das Know-how geschützt werden, auch falls Schnittansichten der simplifizierten Modelle in der Zielanwendung zum Einsatz kommen. Die äußere Oberfläche kann so präzise wie im ursprünglichen CAD-Modell beibehalten werden, könnte aber auch durch Approximation noch weiter verfremdet werden. Das resultierende 3D-Modell kann als Volumenmodell mit nur einem Körper oder als Flächenmodell repräsentiert werden.
Bild 3: Erzeugung der Außenhülle um die innere Geometrie zum Schutz des geistigen Eigentums zu entfernen
Die Verkürzung von der Durchlaufzeit für Unternehmen des produzierenden Gewerbes und die Verfügbarkeit von tragfähigen Ergebnissen in den frühen Phasen der Entwicklung sind Hauptreiber für die Nutzung virtueller Simulationen und von CAE-Werkzeugen [1]. Die effiziente Vorbereitung von 3D-Daten für CAE-Simulationen ist einer der Schlüsselfaktoren, um Ingenieuren aus den Bereichen Konstruktion und Simulation ganze Tage zu sparen. Fehler oder ungenaue Simulationsergebnisse werden durch eine effiziente Netzgenerierung, basierend auf den extrahierten, simplifizierten 3D-Modellen, vermieden. Dies verbessert die Aussagekraft von CAE-Analysen und vermeidet unnötige Iterationsschleifen. Die Unterdrückung kleiner Features wie Löcher oder Knäufe verbessert die Netzqualität, da diese Features oftmals zum Einsatz winziger Elemente im Netz führen, welche die Genauigkeit der Simulationsergebnisse negativ beeinflussen können. Als weiteres Beispiel erfordern Strömungsanalysen einen hohen manuellen Aufwand aufgrund der großen Anzahl an Spaltmaßen in Baugruppenmodellen. Der Einsatz von Außenhüllen erlaubt die automatisierte Identifikation und das Füllen von Lücken in komplexen Baugruppen durch verbesserte boolesche Operationen und weitere fortschrittliche Technologien (siehe Bild 4).
Bild 4: Erzeugung der Innenhülle für Strömungssimulationen
Effizientes Collaborative Engineering auf globaler Ebene benötigt den richtigen Gehalt an Informationen am richtigen Ort zur richtigen Zeit. Simplifizierte 3D-Modelle dienen als Informationsträger, die auf das Wesentliche reduziert sind und automatisch erzeugt werden können. Deshalb können sie leicht ausgetauscht werden und finden als leichtgewichtige Modelle in vielen Prozessen Anwendung. Simplifizierte 3D-Modelle verbessern die 3D-Interoperabilität in heterogenen Systemlandschaften und die Kommunikation auf Basis von 3D-Daten in global verteilten Wertschöpfungsnetzwerken, z.B. im Datenaustausch zwischen OEM und Zulieferern oder entlang der Lieferantenkette. Sie ermöglichen Zeiteinsparungen im Engineering und Verkürzen die Durchlaufzeiten für produzierende Unternehmen. Ingenieure werden von mühsamen manuellen Aufgaben befreit und können ihre wertvolle Zeit zukünftigen Innovationen widmen. Die Methoden zur Simplifikation, wie Approximation, Entfernung technischer Details und Erstellung von Außenhüllen, gewährleisten einen zuverlässigen Schutz geistigen Eigentums im Datenaustausch über Unternehmensgrenzen hinweg und erlauben die individuelle Vorbereitung von 3D-Modellen für CAE-Analysen. Simplifizierte 3D-Modelle können aufgrund des geringeren Informationsgehalts und kleinerer Dateigrößen einfacher und schneller visualisiert werden als die originalen CAD-Modelle. Zukünftige Entwicklungen fokussieren einen höheren Automatisierungsgrad für die Erstellung von simplifizierten 3D-Modellen. Speziell für großskalierte und sehr komplexe Modelle, wie z.B. im Anlagenbau, muss der Aufwand für sich wiederholende Simplifikationsaufgaben und das Testen optimaler Simplifikationsstrategien reduziert werden. Bewährte Vorgehensweisen aus unterschiedlichen Use Cases müssen konsolidiert werden, um optimale Simplifikationsstrategien anbieten zu können. Darüber hinaus können vereinzelte Simplifikationsfunktionen aus geschlossenen Anwendungen extrahiert und auf offenen Engineering-Plattformen angeboten werden, um eine größere Benutzerbasis in kürzerer Zeit zu erschließen. Damit wird die Simplifikation von 3D-Modellen weiter zur Verbesserung des Collaborative Engineerings basierend auf leichtgewichtigen CAD-Daten beitragen.
[1] Anderl, R.; Binde, P. (2017): Simulationen mit NX/ Simcenter 3D. Kinematik, FEM, CFD, EM and Datenmanagement. 4. überarbeitete Auflage, Carl Hanser Verlag, München.
[2] Christ, A. (2014): Information Integration using JT. Siemens PLM Connection, Americas User Conference 2015, Orlando, FL, USA.
[3] Christ, A. (2017): Integration von Kommunikationsfähigkeiten in cyber-physische Systemkomponenten. Forschungsberichte aus dem Fachgebiet Datenverarbeitung in der Konstruktion, 59, Shaker, Aachen.
[4] International Organization for Standardization (2017): Industrial Automation Systems and Integration – JT File Format Specification for 3D Visualization. ISO 14306:2017.
[5] Suzuki, A.; Herron, J. (2016): CADValidator – A Critical Aid for the Model-Based Enterprise. Elysium White Paper, Southfield, MI, USA.