Alexander Christ, Elysium Europe S.A.R.L.
Die hochpräzise Konvertierung von 3D-Produktdaten und eine fortschrittliche Validierungstechnologie sind wichtige Bausteine für eine Digitalisierungsstrategie und ermöglichen einen Schritt Richtung eines geschlossenen Lebenszyklus. Jeder dieser Bausteine hilft Unternehmen bei der Erfüllung zukünftiger Anforderungen aus dem Geschäfts- und Ingenieursumfeld. Beginnend bei der Anforderungsdefinition bis hin zum finalen Produkt, Validierung ist der Schlüssel zur Analyse entwickelter Lösungen und zur Gewährleistung der Produktdatenqualität über den gesamten Produktentstehungsprozess. Abhängig von den Anwendungsfällen und der Risikobewertung muss eine effiziente Validierung unterschiedliche Genauigkeiten ermöglichen, da die Validierungstechnologie in verschiedenen Phasen im Entwicklungsprozess eingesetzt wird, z.B. virtuelle Validierung von 3D-Modellen oder physische Validierung von Prototypen [9]. Der Einsatz automatisierter Validierungslösungen bietet ein großes Potential zur Reduzierung von Kosten und Risiken sowie zur Verbesserung der Interoperabilität in verteilten Entwicklungsstrukturen.
Was ist Validierung und warum ist sie wichtig
Die Definition des Begriffs Validierung und der Umfang hängt maßgeblich vom Einsatzgebiet ab. Für die Validierung von 3D-CAD-Modellen kann die Definition des Institute of Electrical and Electronics Engineers (IEEE) zugrunde gelegt werden: Validierung ist der Prozess zur Bewertung eines Systems oder einer Komponente während oder am Ende des Entwicklungsprozesses, um sicherzustellen, dass die Produktspezifikation erfüllt wurde [3]. Die Validierung ermöglicht dabei eine Aussage darüber, ob die richtigen Tätigkeiten auch korrekt ausgeführt wurden. Damit ermöglicht sie den Vergleich von 3D-CAD-Modllen.
Beim Einsatz der Validierungstechnologie im 3D-Engineering können zwei große Anwendungsfälle unterschieden werden: Erkennung von Fehlern nach der CAD-Konvertierung und die Dokumentation von Konstruktionsänderungen.
CAD-Konvertierung: Nach der Konvertierung eines CAD-Modells müssen die Benutzer für Folgeprozesse sicherstellen, dass das neue 3D-CAD-Modell mit dem alten übereinstimmt – idealerweise sind beide 3D-CAD-Modelle identisch. Alle Konvertierungsfehler sollten identifiziert werden, wenn ein 3D-CAD-Modell in ein anderes CAD-Format, einen Industriestandard wie STEP (Standard for the Exchange of Product Model Data) [1] oder JT [4], oder in eine andere Version des gleichen CAD-Systems überführt wird. Konvertierungsfehler resultieren typischerweise aus den unterschiedlichen mathematischen Kernen zur Geometriedefinition, verschiedenen Methoden bei der Erstellung der 3D-CAD-Modelle und dem Interpretationslevel bezogen auf den Import und Export von CAD-Formaten [7]. Es ist von hoher Bedeutung alle signifikanten Veränderungen zu erkennen, um die Produktdatenqualität für alle nachgelagerten Prozesse abzusichern. Nicht entdeckte Fehler können zu Produktionsausfällen führen.
Konstruktionsänderung: In der verteilten Produktentwicklung werden 3D-CAD-Modelle zwischen Unternehmensbereichen sowie mit externen Partnern und Zulieferern ausgetauscht. Im Entwicklungsprozess werden durchgängig Änderungen eingebracht, was täglich zu neuen Versionen von existierenden 3D-CAD-Modellen führt. Im Gegensatz zu Konvertierungsfehlern sind diese Änderungen innerhalb der 3D-CAD-Modelle beabsichtigt. Dennoch müssen sie identifiziert und in geeigneter Weise dokumentiert werden. Wird das Wissen über Konstruktionsänderungen nicht dokumentiert und ist nicht innerhalb der verteilten Entwicklungsumgebung verfügbar, werden Konstruktionsänderungen zu einem schwer nachzuverfolgenden Engpass.
Zusammengefasst ermöglicht die Validierung im 3D-Engineering die Identifikation von Änderungen in 3D-CAD-Modellen, ob beabsichtigt oder unbeabsichtigt. Neben 3D-Geometrien ermöglicht die Validierungstechnologie auch die Analyse von Baugruppenstrukturen, Toleranzen, Attributen und semantischen PMI (Product and Manufacturing Information). Die Zielsetzung ist dabei eine 100 Prozent präzise Aussage über die Produktdatenqualität und die Gewährleistung der Zuverlässigkeit der Ergebnisse.
Herausforderungen in der manuellen Validierung
Im produzierenden Gewerbe wird die Validierung oftmals manuell durchgeführt. Dabei verbringen Ingenieure unter Umständen Monate damit CAD-Modelle, vornehmlich 3D-Geometrien und semantische PMI, über eine visuelle Sichtprüfung validieren. Die manuelle Validierung nach einer CAD-Konvertierung oder Konstruktionsänderungen ist nicht effizient. Einerseits sind klare Aussagen in der Regel nicht möglich (z.B. rein visuelle Inspektion eines gesamten Motorblocks). Über eine manuelle Validierung kann nicht garantiert werden, dass alle Änderungen detektiert wurden. Und selbst für den Fall, dass alle Änderungen identifiziert wurden, gehen diese oftmals im Rauschen unter. Andererseits verlieren Ingenieure bei der manuellen Validierung ihre Motivation nach spätestens zwei Stunden. Dies impliziert ein hohes Fehlerrisiko, das nicht akzeptable ist, da nicht erkannte Validierungsfehler alle Phasen des Produktlebenszyklus negativ beeinflussen können [2]. Darüber hinaus erfordern Kostendruck, gestiegene Qualitätsansprüche und die Komplexität von Engineering-Prozessen effiziente computergestützte Methoden und Werkzeuge zur Validierung. Der Einsatz einer computergestützten Validierung trägt signifikant zur Steigerung der Effizienz bei einer gleichzeitigen Minderung des Risikos für nicht erkannte Änderungen bei. Zudem bringt sie die Kommunikation auf der Basis von 3D-CAD-Modellen auf eine neue Stufe der Genauigkeit.
Große Herausforderungen im Engineering sind heutzutage die Nachverfolgung von Konstruktionsänderungen innerhalb verteilter Entwicklungsumgebungen und die Abschätzung des finanziellen Werts der durchgeführten Konstruktionsänderungen. Speziell in der Lieferanteneinbindung in der Automobilindustrie mit mehrstufigen Lieferketten ist eine präzise Kalkulation der Kosten, basierend auf dem tatsächlichen Aufwand und der Anzahl an Konstruktionsänderungen, erforderlich. Die Validierungstechnologie leistet hier einen wichtigen Beitrag durch den Vergleich von 3D-CAD-Modellen und die Dokumentation aller durchgeführten Änderungen. Die Operationalisierung von mit zusätzlichen Informationen angereicherten 3D-CAD-Modellen in nachgelagerten Prozessen erfordern effiziente Lösungen zur Validierung und Kommunikation der Informationen mit allen beteiligten Akteuren [6].
Lösungsansatz: Automatisierte Validierung mit Elysiums ASFALIS
Ein vielversprechender Lösungsansatz zur Steigerung der Effizienz ist die Automatisierung von Validierungsaufgaben. Da 3D-CAD-Modelle bereits eine digitale Repräsentation eines Produkts oder eines Bauteils bereitstellen, können computergestützte Methoden und Werkzeuge zur Validierung eingesetzt werden. Zielszenarien sind die Absicherung der Datenäquivalenz und die Identifikation von Konstruktionsänderungen. Dies beinhaltet den Datenaustausch mit Zulieferern (CAD-zu-CAD-Konvertierung), die Konvertierung für nachgelagerte Prozesse, Langzeitarchivierung (engl. Long-term Archiving and Retrieval, LOTAR), CAD-Migration und das Upgrade auf eine neue CAD-Version für das erste Zielszenario sowie die Identifikation der konkreten Änderungen in Änderungsaufträgen und zwischen PLM Revisionen eines 3D-Modells für das zweite Zielszenario. Ziele sind die automatisierte Bestätigung der Äquivalenz von konvertierten Daten zur Quelle sowie die Detektion signifikanter Unterschiede mit der Filterung von Unterschieden, die für eine Konstruktionsänderung irrelevant sind [6].
Der Mechanismus für den Vergleich besteht darin die 3D-CAD-Modelle in ein intermediäres Dateiformat — angereichertes Containerformat zur Speicherung der extrahierten Daten aus der CAD-Quelldatei über die API (Application Programing Interface), die über den CAD-Anbieter unter einer offiziellen Partnerschaft bereitgestellt wird und den hochpräzisen Datenaustausch von geometrischen und nicht geometrischen Informationen ermöglicht — zu exportieren und anschließend die normalisierten Repräsentationen zu vergleichen. Basierend auf dem Vergleich mit normalisierten Repräsentationen wird ein Validierungsbericht erzeugt. Dieser Mechanismus kann auf alle Validierungsszenarien angewandt werden, aber die signifikanten Unterschiede gehen oftmals im Rauschen unter. Mit Elysiums ASFALIS Lösung für die Validierung werden die 3D-CAD-Modelle vor dem Vergleich normalisiert und optimiert, um nur die signifikanten Unterschiede herauszufiltern. Für die Normalisierung und Optimierung der 3D-CAD-Modelle werden Konfigurationsdateien eingesetzt. Diese Konfigurationsdateien können flexible an die Spezifikationen von CAD-Systemen und Konvertern angepasst werden. Damit kann auf die individuellen Anforderungen einzelner Anwender eingegangen werden, damit nur die signifikanten Änderungen im Validierungsbericht auftauchen [6].
Smarte und intuitive Berichte
Für eine nahtlose Verarbeitung, Dokumentation und Kommunikation von Änderungen ist eine smarte und intuitive Berichterstattung erforderlich. Elysiums Validierungstechnologie ermöglicht den Einsatz verschiedener Ausgabeformate für die Validierungsberichte. Basierend auf ASFALIS können Validierungsberichte als 3D PDF, 3D HTML und XML erstellt werden. Während Formate wie 3D PDF und 3D HTML die Lesbarkeit durch Menschen erlaubt, stellt XML ein maschinenlesbares Format zur Verfügung, das die syntaktische und semantische Interoperabilität ermöglicht.
3D PDF und 3D HTML Validierungsberichte können flexibel an die Anforderungen der Anwender angepasst werden. Sie beinhalten eine grafische Präsentation der beiden 3D-CAD-Modelle, die miteinander verglichen wurden. Dies ermöglicht die Interaktion mit den 3D-CAD-Modellen über Funktionen wie Verschieben, Rotieren und Heran/Herauszoomen. 3D-Annotationen wie Dimensionen, Toleranzangaben und PMI werden ebenfalls in der grafischen Präsentation angezeigt. Für PMI werden sowohl Polygonzügen als auch semantische PMI erfasst. Daneben ist eine textuelle Präsentation der Unterschiede zwischen Baugruppenstrukturen, System- und Benutzerattributen verfügbar. Vorlagen erlauben eine individuelle Anpassung und die Wiederverwendung von Validierungsberichten.
Alle Validierungsberichte von Elysium können in verschiedenen nachgelagerten Prozessen wie Produktionsplanung, Fertigung, Qualitätssicherung etc. eingesetzt werden. Abhängig von der Geschäftsstrategie folgen Unternehmen einem dateibasierten Ansatz mit 3D PDF oder einem mobilen Ansatz über die Operationalisierung von HTML-Validierungsberichten auf unterschiedlichen (Mobil-) Geräten. Da Elysiums Validierungsberichte unabhängig von einem spezifischen CAD-System sind, können sie eine breite Zielgruppe erreichen. Durch die Operationalisierung der Validierungsberichte außerhalb der Produktentwicklung haben Unternehmen die Chance Ihre Kapitalrendite zu erhöhen, da CAD-Lizenzen und Anwenderschulungen nicht erforderlich sind.
Fazit
Elysiums Technologien tragen wesentlichen zur Validierung innerhalb des gesamten Produktentstehungsprozesses bei, während zugleich individuelle Anforderungen der Anwender erfüllt werden. Im Vergleich zur manuellen Validierung mit größtenteils Sichtprüfungen kann die automatisierte Validierung Ingenieuren Monate an Zeit einsparen, unnötige Nacharbeiten vermeiden und das Fehlerrisiko senken. Daher ist sie ein Schlüsselelement für Aufgaben, die nicht manuell ausgeführt werden können, die Verarbeitung von Massendaten und die Validierung durch Gelegenheitsanwender [2]. Die Validierungsberichte stellen eine in sich geschlossene Dokumentation der Änderungen an 3D-CAD-Modellen mit Bezug zu 3D-Geometrien, PMI (grafisch/semantisch), Attributen und Baugruppenstrukturen zur Verfügung. Basierend auf Elysiums ASFALIS Plattform werden Daten automatisch validiert und die Ergebnisse als Validierungsbericht bereitgestellt. Dies ermöglicht eine vollautomatisierte Validierungslösung mit einem hohen Durchsatz. Aufgrund der Unterstützung verschiedener Formate für die Validierungsberichte (3D PDF, 3D HTML, XML) kann eine zukunftssichere Lösung für unterschiedliche Geschäftsstrategien (dateibasiert vs. mobil) erreicht werden. Anwender können einfach und flexibel ihre Validierungsprozesse und -berichte anpassen.
Im nächsten Entwicklungsschritt wird eine zweckmäßige Integration der Validierungsberichte in 3D PDF angestrebt. Bezugnehmend auf Ansätze wie das Technical Data Package (TDP) [5] oder die Produktdokumentation in einem Zeichnungslosen Prozess (ZLP) vom Verband der Automobilindustrie (VDA) [8], wird das 3D PDF als Container für 3D-Daten und zusätzliche Informationen genutzt. Eine wesentliche Erweiterung ist das Hinzufügen von Dateien (XML, Office-Dokumente, 3D-CAD-Modelle etc.) zu dem 3D PDF über Anhänge, auf die direkt zugegriffen werden kann. Anwender können damit alle ihre Daten, welche für die Validierung benötigt werden, in einem TDP ablegen anstatt sie in verschiedenen Systemen zu suchen und diese Informationen in nachgelagerten Prozessen aus einer einzigen Informationsquelle heraus nutzen. Das TDP ermöglicht die Verteilung von Validierungsberichten und zugehörigen Informationen an alle Zielgruppen im Kontext einer nahtlosen, effizienten und akkuraten Kommunikation. Dies impliziert ein großes Potential für weitere Kosten- und Zeiteinsparungen sowie zur Verbesserung der Interoperabilität.
Literaturverzeichnis
[1] Anderl, R.; Trippner, D. (2000): STEP. Standard for the Exchange of Product Model Data. Eine Einführung in die Entwicklung, Implementierung und industrielle Nutzung der Normenreihe ISO 10303, Teubner, Stuttgart, Germany.
[2] Christ, A.; Biedert, J. (2017): Automated Validation of 3D Geometry and Semantic PMI at Daimler. EDM CAE Forum 2017, Stuttgart, Germany.
[3] Institute of Electrical and Electronics Engineers (2000): The Authoritative Dictionary of IEEE Standard Terms, Seventh Edition. IEEE 100, New York, NY, USA.
[4] International Organization for Standardization (2012): Industrial Automation Systems and Integration – JT File Format Specification for 3D Visualization. ISO 14306:2012.
[5] McFeeters, J.; Sprayer, P. (2016): Best Practices for Creating Technical Data Packages (TDP) using 3D PDF and STEP AP242. Global Product Data Interoperability Summit (GPDIS) 2016, Phoenix, AZ, USA.
[6] Sagawa, Y. (2016): ASFALIS Geometry Validator. Elysium Partner Summit 2016, Hamamatsu, Japan.
[7] Suzuki, A.; Herron, J. (2016): CADValidator – A Critical Aid for the Model-Based Enterprise. Elysium Whitepaper, Southfield, MI, USA.
[8] Verband der Automobilindustrie e.V. (2015): Zeichnungslose Produktdokumentation. VDA -Empfehlung 4953-2, VDA, Berlin, Germany.
[9] Verein Deutscher Ingenieure (2004): Entwicklungsmethodik für mechatronische Systeme. VDI-Richtlinie, VDI 2206, Beuth, Berlin, Germany.